Klemm L20 Erstpräsentation Graz - 1. Mai 2024
Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Fliegerfreunde!
Wenn mein Vater (Franz) noch leben würde, wäre der jetzige Moment ein ganz besonderer für ihn. Sein größter Lebenstraum ist heute wieder auferstanden. Auch mich – seinen flugbegeisterten Sohn (Wolfgang) und seinem Enkelsohn (Ewald) – erfüllt das heutige Ereignis mit großer Freude. Lassen Sie mich die Geschichte dieser Klemm kurz erzählen.
Mein Vater ist im Jahr 1900 in Zell am See zur Welt gekommen. Den ersten Kontakt zur Fliegerei hatte er als Zehnjähriger, als ein Berliner Sommergast ein Modellflugzeug vorführte. 1914 erlebte er am Flughafen Aspern einen Flugtag, der große Begeisterung in ihm hervorrief. Mit 18 Jahren musste er zum k.u.k.-Militär einrücken und am Feldflugplatz Udine Wachdienst ausführen. Dabei war er von den startenden und landenden Flugzeugen derart begeistert, dass sein Entschluss endgültig feststand, selbst aktiver Flieger zu werden.
Nach dem 1. Weltkrieg lernte er die Brüder Waneck kennen, die 1925 in Linz eine Fliegergruppe gründeten und gemeinsam ein Vereins-Gleitflugzeug bauten. Dann begann er in Eigenregie den Bau eines eigenen Gleitflugzeuges. Dieses verkaufte er später und baute in der Folge drei weitere, immer bessere. In der Röhn machte er die A, B und C-Prüfungen. Dann war er sehr aktiv am Rohrberg in St. Valentin als Fluglehrer tätig und begeisterte viele Jugendliche für den Flugsport.
Nach intensiver Segelflugerfahrung machte er bei der deutschen Luftfahrts-GmbH in Böblingen bei Stuttgart den Motorflugschein. Als Schulflugzeug wurde eine KLEMM verwendet. Mit dem Motorflugschein ausgestattet war es nun sein absolutes Ziel, ein eigenes Motorflugzeug zu besitzen und zu fliegen. Da er in Böblingen sowohl den Flugzeugkonstrukteur Hanns Klemm als auch den Motorkonstrukteur Ferdinand Porsche persönlich kennengelernt hatte, wollte er unbedingt ein Flugzeug, deren Väter die beiden waren. Über Umwege kam er zu dieser 2-sitzigen Klemm L20. Als Start- und Landebahn diente die Grothe-Wiese in Haag, der Ennser Exerzierplatz und der Flugplatz Katzenau, dem heutigen Gelände der Linzer Voest Alpine.
Nach dem Einmarsch von Hitler und Anschluss Österreichs an das Deutsche Reich wurde 1938 das private Fliegen verboten. Die KLEMM wurde abgebaut und die Teile bei verschiedenen Bauern versteckt. Im Jahr 1945 wurde Haag von den Russen besetzt. Anlässlich einer Razzia wurden die Flugzeugteile im Heustadel entdeckt. Um einer Bestrafung zu entgehen, wurden die Teile als „Boot“ deklariert. Die Russen nutzten den Rumpf deshalb in einem Teich zum Bootfahren. Dadurch wurde er so beschädigt, dass er nach Abzug der Russen und Freigabe der Zivilluftfahrt 1955 nur mehr schwer flugfertig zu reparieren gewesen wäre. Inzwischen tauschte mein Vater den Mercedes-Porsche Flugzeugmotor und Propeller gegen einen gebrauchten VW-Käfer von der Firma Mercedes Pappas Salzburg. Die Zelle der Klemm wurde in einer Holzhütte auf unserem Grundstück gelagert.
1987 erfuhren die Verantwortlichen des Grazer Flugzeugmuseums von der KLEMM. Am 9. November 1987 wurde sie in Haag abgeholt und nach Graz gebracht. Es war geplant, dass die KLEMM in der Flug HTBLA Eisenstadt im Rahmen von Lehrstunden überholt und wieder aufgerüstet werden soll. Weil die Baupläne abhanden kamen und der Fachlehrer in eine andere Schule wechselte, wurden die Arbeiten jedoch nie abgeschlossen.
Als der Enkelsohn von Ferdinand Porsche, Herr Ing. Ernst Piech bei der Firma Craftlab Pitten eine KLEMM L20 nachbauen ließ, diente die Klemm meines Vaters als Vorlage für den Nachbau. Der Erstflug erfolgte am 25. Juli 2020 in Wiener Neustadt.
In der Zwischenzeit forschte ich nach dem Verbleib des Motors und Propellers. Er wurde dem Mercedes-Generaldirektor Professor Dr. Ing. Werner Niefer, Stuttgart zu seiner Pensionierung geschenkt. Nach zähen Verhandlungen konnte ich Motor und Propeller zurückkaufen und dem Grazer Museum zur Verfügung stellen.
Nach einem weiteren Versuch die Renovierung der KLEMM in der Flugzeugwerkstatt Langenlebarn fortzusetzen, landete sie schließlich bei der Firma Craftlab Pitten, wo sie 2023 hochprofessionell endgültig fertiggestellt wurde.
Und so ist es eine riesige Freude, dass sie heute hier in einem Neuzustand wieder erstrahlt. Damit findet eine unendliche Geschichte ein glückliches Ende und die einzige Original KLEMM KL20 bleibt der interessierten Nachwelt erhalten.
Würde man aus Haydns Oratorium „Die Schöpfung“ einen Satz zitieren, so käme man zu dem Schluss: „Vollendet ist das große Werk.“
Es klingt fast wie eine Bestimmung, denn genau vor 100 Jahren wurde die L20 zum ersten Mal produziert. Also feiern wir gleichzeitig ein KLEMM-Jubiläum.
In meinem Buch „Flugabenteuer – zwischen Wüsten und arktischem Ozean“, ist Vaters fliegerische Laufbahn und der Lebenslauf dieser L20 genau dokumentiert. Das Buch ist hier im Museumsshop günstig zu erwerben.
Wer erleben möchte, wie der Nachbau der KL20 durch das Craftlab Team Koloman Mayrhofer und Sebastian Knapp fliegt, kann dies im Internet unter www.flugabenteuer.at sehen.
Das Luftfahrtmuseum Graz hat sich 37 Jahre bemüht, den heutigen Tag wahr werden zu lassen. Dazu gratuliere ich und bedanke mich gleichzeitig sehr herzlich.
Ich wünsche den Museumsverantwortlichen, dass die KLEMM ein Schmuckstück eures Museum sein wird und viele Besucher anzieht.
Gut Start – gut Land
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